Diversifikation bis Standardisierung: Die wichtigsten Instrumente der Sortimentspolitik am Beispiel erklärt

Die Sortimentsgestaltung zählt zu den wichtigsten Aufgabenbereichen des Marketings. Hier wird entschieden, welche Produkte ein Unternehmen anbietet, künftig anbieten wird oder vom Markt nehmen sollte. Entsprechend umfangreich sind die möglichen Maßnahmen der Sortimentspolitik. Diese vielfältigen Instrumente möchte ich dir an einem konkreten Beispiel erklären. So bekommst du den perfekten Überblick über Diversifikation, Produktelimination, Sortimentstiefe und so weiter.

Unser Beispiel für die Sortimentspolitik

Für die Erklärung aller Maßnahmen schauen wir uns ein fiktives Unternehmen an: die Techstar GmbH. Das Unternehmen produziert verschiedene Elektrogeräte für Privatkunden. Aktuell bietet die Techstar GmbH folgende Produkte an:

Laptops:

  • Ein leistungsstarker Laptop mit großem Bildschirm
  • Ein kleiner Laptop zum günstigen Preis

Smartphones:

  • Ein kleines, günstiges Smartphone
  • Ein durchschnittliches Smartphone
  • Ein Premium-Smartphone mit vielen Funktionen

Zubehör:

  • Kopfhörer
  • Headsets
  • Tastaturen

An dieser Einteilung siehst du schon den ersten wichtigen Faktor für die Sortimentsgestaltung. Das Angebot eines Unternehmens wird immer in Produktgruppen (Laptops, Smartphones, Zubehör) und die einzelnen Produkte (z.B. leistungsstarker Laptop und kleiner Laptop) eingeteilt. Anhand dieser Einteilung ergeben sich später die zentralen Instrumente der Sortimentspolitik.

Das Sortiment lässt sich grundsätzlich in Produktgruppen und einzelne Produkte einteilen.

Sortimentsgestaltung auf Ebene der Produktgruppen

Das Angebot unseres Beispielunternehmens umfasst aktuell drei verschiedene Produktgruppen. Die Anzahl der Produktgruppen wird als Sortimentsbreite bezeichnet.

Je mehr Produktgruppen angeboten werden, desto breiter das Sortiment.

Aus strategischer Sicht kann die Sortimentsbreite nun in zwei Richtungen angepasst werden: entweder man nimmt mehr Produktgruppen auf oder man bietet künftig weniger an. Diese beiden Möglichkeiten wollen wir uns genauer anschauen.

Diversifikation: Sortimentsbreite vergrößern

Die Techstar GmbH möchte seine Umsätze steigern und dafür die Produktpalette vergrößern. Der Vorstand hat entschieden, dass künftig auch Tablets und Fernseher verkauft werden sollen. Diese neuen Produktgruppen stehen neben den alten Produktgruppen Laptops, Smartphones und Zubehör.

Wenn ein Unternehmen neue Produktgruppen in sein Sortiment aufnimmt, wird das als Diversifikation bezeichnet. Mit dieser Maßnahme wird die Sortimentsbreite vergrößert.

Drei Varianten der Diversifikation

Je nachdem welche Art von Produktgruppen ein Unternehmen aufnimmt, wird die Diversifikation in drei unterschiedliche Bereiche eingeteilt.

Die horizontale Diversifikation

Unser Beispiel von oben (Tablets und Fernseher) fällt in den Bereich der horizontalen Diversifikation. Es wurden neue Produktbereiche etabliert, die sich auf derselben Stufe der Wertschöpfungskette befinden wie die bisherigen Produkte. Alle Produktgruppen befinden sich auf der Stufe „Produkte für Endverbraucher“. Sie stehen also horizontal nebeneinander.

Die vertikale Diversifikation

Wie du dir bestimmt gedacht hast, gibt es auch eine vertikale Diversifikation. Dabei werden Produktbereiche in das Unternehmen aufgenommen, die in der Produktionskette vor oder hinter den bisherigen Angeboten stehen.

Wenn die Techstar GmbH einen ihrer Zulieferer kauft, um künftig die Einzelteile der Smartphones und Laptops selbst zu produzieren, ist das ein klassischer Fall von vertikaler Diversifikation. Die neuen Produkte (z.B. Einzelteile für die Smartphone-Produktion) stehen eine Stufe vor den bisherigen Produkten (z.B. fertige Smartphones).

Die laterale Diversifikation

Zu guter Letzt solltest du noch die laterale Diversifikation kennen. Dabei werden Produkte in das Portfolio aufgenommen, die mit dem ursprünglichen Geschäftsfeld nichts zu tun haben. Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Unsere Techstar GmbH könnte zum Beispiel künftig Autos produzieren. Das wäre ein neues Geschäftsfeld, allerdings könnte einiges an Know-how aus der Elektrobranche genutzt werden. An aktuellen Beispielen (Apple, Google etc.) lässt sich genau diese Überlegung wiederfinden.

Spezialisierung: Weniger Produktgruppen im Portfolio

Eine Sortimentsanalyse der Techstar GmbH hat ergeben, dass der Verkauf von Zubehör seit einigen Jahren zurückgeht und der Produktbereich erste Verluste schreibt. Der Geschäftsführer entscheidet also, künftig kein Zubehör mehr zu verkaufen und sich stattdessen auf die Kernprodukte zu konzentrieren.

Diese Einschränkung der Produktbereiche wird als Spezialisierung bezeichnet. Auch damit wird die Sortimentsbreite verändert, genauer gesagt verkleinert.

Sortimentsgestaltung auf der Produktebene

Auch innerhalb einer Produktgruppe können Unternehmen ihr Angebot anpassen. Lass uns dazu einen genaueren Blick auf die Produktgruppe der Smartphones werfen. Die Techstar GmbH bietet zurzeit drei Smartphone-Varianten an (klein, durchschnittlich und Premium).

Diese Anzahl an Produkten innerhalb einer Produktgruppe wird als Sortimentstiefe bezeichnet.

Genau wie auf der übergeordneten Ebene gibt es zwei Möglichkeiten: das Unternehmen bietet noch mehr Varianten an oder das Unternehmen verringert die Anzahl der angebotenen Produkte.

Differenzierung: Neue Varianten in der Sortimentsgestaltung

Die Techstar GmbH hat durch gezielte Marktforschung festgestellt, dass es viele Kunden gibt, die ein leistungsstarkes, aber möglichst günstiges Smartphone kaufen möchten. Das aktuell günstige ist ihnen zu schwach, das Premium-Modell hingegen zu teuer.

Als Reaktion möchte die Geschäftsführung eine Kompromissvariante einführen. Dieses Produkt soll zwar deutlich mehr Funktionen haben als das Durchschnittsmodell, preislich aber noch unterhalb des Premium-Modells liegen. Nach dieser Maßnahme würden also vier verschiedene Smartphones zur Auswahl stehen.

Diese Anpassung des Sortiments wird als Differenzierung bezeichnet. Durch die Maßnahme wird die Sortimentstiefe erweitert.

Standardisierung: Sortimentstiefe verringern

Das Gegenstück zur Differenzierung ist die Standardisierung. Bei dieser Maßnahme werden Produktvarianten vom Markt genommen, sodass der Fokus auf die verbliebenen Produkte gelegt werden kann.

Ein Beispiel: Bei der Auswertung der Verkaufszahlen der Techstar GmbH fällt auf, dass die Kunden zu 80% den leistungsstarken Laptop kaufen, während der kleine, günstige PC noch in großer Stückzahl im Lager liegt. Anscheinend ist die Leistung für die Kundschaft wichtiger als der Preis.

Eine logische Reaktion wäre also folgende: Der günstige Laptop wird nicht mehr produziert, es werden nur noch die Reste verkauft. In der Produktion wird der Fokus stattdessen auf das Premium-Modell gelegt. Es werden neue Funktionen entwickelt, um das Produkt noch besser zu machen.

Das Sortiment wird also standardisiert, die Sortimentstiefe wird verringert. Die anderen Produktgruppen (Laptops und Zubehör) sind von diesen Maßnahmen nicht betroffen.

Hier siehst du nochmal alle Instrumente der Sortimentsgestaltung im Überblick.
Hier siehst du nochmal alle Begriffe in der Übersicht.

Oft gefragt: Was bedeutet Sortimentsgestaltung für die Unternehmen?

Wenn du die verschiedenen Begriffe zur Sortimentspolitik verinnerlicht hast, solltest du dir auch die Gründe und Folgen der einzelnen Maßnahmen vor Augen führen. Mit diesem Extrawissen kannst Du in der Abschlussprüfung noch mehr punkten.

Warum erweitern Unternehmen ihr Sortiment?

Wenn Unternehmen auf Diversifikation oder Differenzierung setzen, spielen meist zwei Gründe eine Rolle: Erstens kann das Unternehmen auf diese Weise neue Zielgruppen erreichen und (hoffentlich) seine Gewinne steigern. Zum anderen wird das Portfolio auf diese Weise breiter gestreut und bietet insgesamt mehr Sicherheit. Wenn ein Produkt oder eine Produktgruppe nicht gut läuft, können die Verluste durch andere Bereiche des Angebots wieder ausgeglichen werden.

Allerdings bringt eine Sortimentsausweitung auch einige Nachteile mit sich. In erster Linie ergeben sich höhere Kosten. Wer mehr Produkte anbieten möchte, hat auch höhere Produktions- bzw. Einkaufskosten. Hinzu kommt, dass auch in anderen Bereichen die Kosten steigen (z.B. Personal oder Lagerräume). Außerdem wirkt sich eine breite Produktpalette auch auf die anderen Bereiche des Marketings aus (z.B. Kommunikation), weil die neuen Zielgruppen spezielle Werbebotschaften brauchen.

Was bedeutet die Produktelimination für das Unternehmen?

Wenn ein Produkt oder eine ganze Produktgruppe aus dem Portfolio gestrichen wird, liegt das meist an zu schlechten Umsatzwerten bzw. Verlusten. Durch diesen Schritt können weitere Verluste vermieden werden. Außerdem hilft die Fokussierung auf wenige Produkte dabei, das Angebot besser an die Kundenwünsche anzupassen.

Leider bringt die Verkleinerung des Sortiments einige Probleme mit sich. In erster Linie gehen Umsätze verloren, die allerdings im besten Fall durch andere Produktbereiche abgefangen werden.

Schwierig kann die Maßnahme aber auch für das Image des Unternehmens werden. Wenn plötzlich Produkte fehlen (z.B. Ersatzteile oder Zubehör), kann das für einige Kunden sehr ärgerlich sein. Möglicherweise müssen sie ein komplett neues, teureres Produkt kaufen, weil sie weder Zubehör noch Ersatzteile für ihr altes Gerät bekommen.

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Torben Naujokat, Gründer von Modulearn

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