Portfolio Analyse: Alles über den Marketing-Klassiker der Boston Consulting Group

Schon in den 1970er Jahren wurde die bekannte Matrix aus Marktwachstum und Marktanteil entwickelt. Mittlerweile ist sie ein unverzichtbarer Klassiker im Marketing – und Bestandteil vieler kaufmännischer Abschlussprüfungen.

Hier erfährst Du, welche Details der Portfolio-Matrix Du für die Weiterbildung kennen solltest und welche Rechnungen auf Dich zukommen könnten. Mit dabei: relativen Marktanteil berechnen, Portfolio-Matrix zeichnen und Umsatzwerte eintragen. Außerdem erfährst Du alles über Poor Dogs, Question Marks, Stars und Cash Cows.

Wozu braucht man eigentlich die Portfoliomatrix?

Lass mich Dir die Portfolio-Analyse an einem Beispiel erklären:

Wir schauen uns ein Unternehmen an, das verschiedene Körperpflege-Produkte verkauft. Die Produktpalette besteht aus:

  • Rasierschaum
  • Shampoo
  • Deo
  • Seife

Nun möchte der Geschäftsführer wissen: Welches der Produkte läuft im Moment am besten? In welche Produkte sollte ich weiter investieren? Und welches Angebot sollten wir lieber stoppen, weil es Verluste einfährt bzw. bald einfahren wird?

Mit der Portfolio-Analyse, entwickelt von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group, werden genau diese Fragen beantwortet.

Grundsätzlich lässt sich die Matrix aber nicht nur mit Produkten bilden. Es können auch ganze Tochterunternehmen, Regionen oder Großkunden mit der Portfolioanalyse bewertet werden. Falls es in der Prüfung gefragt wird: Die ursprüngliche Einteilung bezog sich auf „Strategische Geschäftsbereiche“.

Wie ist die Portfolioanalyse aufgebaut?

Die Matrix basiert auf einem ganz normalen Koordinatensystem: Auf der X-Achse wird der relative Marktanteil markiert, auf der Y-Achse das Marktwachstum.

Was ist der relative Marktanteil?

Beim relativen Marktanteil wird geschaut, wie groß der eigene Umsatz im Vergleich zum Umsatz des stärksten Konkurrenten ist. Dazu rechnet man:

Rel. Marktanteil = Eigener Umsatz ÷ Umsatz des stärksten Konkurrenten

In Zahlen ausgedrückt ergibt das beispielsweise:

Rel. Markanteil = 1.500.000 ÷ 1.000.000 = 1,5

Als Ergebnis erhältst Du immer eine Zahl, die größer als Null ist: Wenn das Ergebnis genau 1 ist, erzielen beide Unternehmen einen gleich großen Umsatz. Ist der Wert kleiner als 1, dann liegt der Konkurrent vorne und hat einen größeren Marktanteil. Bei allen Zahlen über 1 ist das eigene Unternehmen aktuell Marktführer.

Allgemein gilt: Je größer der relative Marktanteil, desto besser.

Hier siehst Du nochmal alle denkbaren Werte in der Übersicht:

Relativer MarktanteilWas bedeutet das?
0 bis 1Der Konkurrent hat größere Marktanteile.
Genau 1Das eigene Unternehmen und der Konkurrent machen exakten den gleichen Umsatz.
Größer als 1Das eigene Unternehmen ist Markführer. Je größer die Zahl, desto größer ist der Vorsprung zum Konkurrenten.

Die Skala auf der X-Achse beginnt also bei Null und geht theoretisch bis ins Unendliche. Meistens reicht aber eine Skala bis ungefähr 5 (das wäre schon sehr hoch).

Was bedeutet Marktwachstum?

Das Marktwachstum wird immer in Prozent angegeben und sagt aus, wie stark der gesamte Umsatz aller Unternehmen voraussichtlich wachsen bzw. sinken wird. Zum Beispiel: Werden in Zukunft noch mehr oder weniger Smartphones verkauft? Werden in Zukunft mehr oder weniger Elektroautos verkauft?

Grundsätzlich kann das Marktwachstum positiv oder negativ sein. Schließlich kann ein Produkt auch deutlich schlechter laufen als im Vorjahr.

Um den Wert des Marktwachstums zu ermitteln, werden in der Praxis ausführliche Analysen durchgeführt oder die Meinung von Experten eingeholt. Daher ist das Marktwachstum bei Prüfungsaufgaben in aller Regel vorgegeben.

So erstellt man eine Portfolio-Matrix

Wenn man alle relevanten Zahlen zur Verfügung hat, kann man die Portfolio-Matrix erstellen. Ein konkretes Zahlenbeispiel zeige ich Dir später, hier siehst Du erstmal das allgemeine Vorgehen:

Torben Naujokat, Gründer von Modulearn

Darf ich mich kurz bei dir vorstellen?

Hallo, ich bin Fabian Trummer. Mein Ziel ist es, dir den IHK Fachwirt so einfach wie möglich zu gestalten. Dazu helfe ich dir mit verständlichen Erklärtexten, Lerntipps und Übungsaufgaben. Hört sich das gut an?

Hier erfährst du mehr.

Koordinatensystem der Portfolio-Analyse

1. Koordinatensystem

Erstelle ein Koordinatensystem mit den Achsen „relativer Marktanteil“ und „Marktwachstum“.
Einteilung der Portfolio-Matrix

2. Bereiche einzeichnen

Unterteile das Koordinatensystem in vier Bereiche. Die Trennlinien liegen meistens (nicht immer!) bei 0% (Marktwachstum) und 1 (relativer Marktanteil).
Gesamte Portfoliomatrix

3. Produkte markieren

Trage die Produktbereiche an die richtigen Stellen im Koordinatensystem.

Die Auswertung der Portfolio-Matrix

Das war’s schon! Jetzt ist die Matrix komplett und die eigentliche Portfolioanalyse kann durchgeführt werden. Schließlich muss man noch auswerten, was die Punkte an den verschiedenen Stellen im Koordinatensystem überhaupt bedeuten.

Wie Du siehst, liegt jedes Produkt in einem der vier Bereiche, die wir vorher gebildet haben. Diese Einteilung soll die Bewertung der Produktbereiche vereinfachen.

Die Boston Consulting Group hat den vier Bereichen folgende Namen gegeben:

Name des BereichWo ist er zu finden?Eigenschaften
Poor DogsUnten linksGeringes/negatives Marktwachstum und geringer relativer Marktanteil
Question MarksOben linksMarktwachstum vorhanden, aber nur geringer relativer Marktanteil
Cash CowsUnten rechtsGeringes Marktwachstum, aber hoher relativer Marktanteil
StarsOben rechtsHohes Marktwachstum und
hoher relativer Marktanteil

Wie lassen sich die vier Bereiche bewerten?

Poor Dogs:

Zu den „armen Hunden“ in der Portfolio-Analyse zählen alle Produkte, die aktuell und in Zukunft schlechte Aussichten auf Erfolg haben. Das eigene Unternehmen hat nur einen geringen Marktanteil und es muss befürchtet werden, dass der gesamte Markt in Zukunft nicht mehr wachsen wird.

Für diese Produkte gilt also: Möglichst aus dem Angebot nehmen, um weitere Verluste zu verhindern.

Question Marks:

Die „Fragezeichen“ sind in der Regel recht junge Produkte. Sie haben zwar noch einen geringen Marktanteil; allerdings sind sie auf einem Markt angesiedelt, der voraussichtlich weiter wachsen wird. Wenn es also gelingt, den eigenen Marktanteil zu erhöhen, bieten diese Produktbereiche echte Erfolgschancen für das Unternehmen. Sollte dies jedoch nicht gelingen, können die Produkte auch ganz schnell zum Flop werden und Verluste für das Unternehmen einfahren.

Für die strategische Ausrichtung bedeutet das: Die Geschäftsführung sollte im Einzelfall prüfen, ob sich eine weitere Investition in diesen Produktbereich lohnt. Falls ja, sollte man intensiv investieren, um möglichst schnell den eigenen Marktanteil zu steigern.

Sind die Risiken für einen Flop zu groß, ist es grundsätzlich zu empfehlen, die Produkte wieder vom Markt zu nehmen, um keine größeren Verluste zu riskieren.

Cash Cows:

In diesem Bereich der Portfolioanalyse finden sich alle Produkte, die zwar einen hohen Marktanteil aufweisen, aber bei denen das zukünftige Wachstum voraussichtlich nicht mehr so groß sein wird.

Für sie gilt: So lange „melken“, wie es noch möglich ist. Das Unternehmen sollte also alle Gewinne mitnehmen, die aktuell noch möglich sind, aber keine großen Investitionen mehr tätigen. Investitionen sollten maximal dazu dienen, die eigene Marktmacht zu sichern und die Produkte so lange wie möglich gewinnbringend zu verkaufen.

Stars:

Die „Sterne“ sind die absoluten Topprodukte eines Unternehmens. Sie haben nicht nur einen hohen Marktanteil, sondern sie versprechen auch weiteres Wachstum in den kommenden Jahren. Besser geht’s nicht.

Für die Strategie bedeutet das: Weiter investieren und die starke Marktposition möglichst ausbauen. So kann sichergestellt werden, dass die Produkte sich noch über längere Zeit rentieren und kontinuierlich Gewinnsteigerungen möglich sind.

Ein weiterer positiver Aspekt der Stars: Durch ihren hohen Marktanteil bringen sie regelmäßige Einnahmen, mit denen sie ihre eigenen Investitionen in die Zukunft selbst finanzieren können.

Die Bereiche der Portfolio Matrix in der Übersicht
Die Bereiche der Portfolio Matrix in der Übersicht: Poor Dogs, Question Marks, Cash Cows und Stars.

Rechenbeispiel zur Portfolio-Analyse

Neben dem reinen Abfragen der inhaltlichen Details kann die Matrix der Boston Consulting Group auch als Rechenaufgabe in Deiner Abschlussprüfung auftauchen. Das war beispielsweise bei IHK-Abschlüssen schon mehrfach der Fall.

Deshalb möchte ich Dir noch ein kurzes Rechenbeispiel geben, das möglicherweise auf Dich zukommt. Wie es bei Modulearn üblich ist, kannst Du zwischen drei Schwierigkeitsstufen wählen. Für die Abschlussprüfung Deiner Weiterbildung solltest Du am Ende auch die komplexe Aufgabe beherrschen.

Wir schauen uns ein Unternehmen an, das Kleidung und Schuhe verkauft. Für dieses Unternehmen sollst Du eine Portfolio-Analyse durchführen, indem Du die entsprechende Matrix zeichnest.

Gegeben sind folgende Informationen über die einzelnen Produktbereiche:

ProduktbereichMarktwachstumRelativer Marktanteil
Damenkleidung+8 %2,5
Herrenkleidung+5 %0,7
Schuhe-5 %0,5
Sportkleidung-3 %2,0

Dazu solltest Du Dir als erstes die gegebenen Werte anschauen und überlegen, welche Skala für das Koordinatensystem sinnvoll ist. Beim Marktwachstum brauchst Du eine Skala zwischen -6% und +9 % (du solltest etwas Luft nach oben und unten lassen, damit das Zeichnen einfacher wird). Der relative Marktanteil startet immer bei 0, hier sollte die Skala bis etwa 3 oder 4 gehen.

Anschließend musst Du das Koordinatensystem zeichnen und wieder in die vier Bereiche einteilen. Zur Erinnerung: Beim relativen Marktanteil kommt die Trennlinie beim Wert 1, für das Marktwachstum bietet sich 0% als Grenze an. Schließlich haben wir in diesem Beispiel positives und negatives Marktwachstum.

Im nächsten Schritt musst Du der Reihe nach die einzelnen Produktbereiche eintragen: Damenkleidung bei 8% Marktwachstum und 2,5 als relativen Marktanteil; Herrenkleidung bei 5% Marktwachstum, aber nur 0,7 als relativen Marktanteil und so weiter.

Portfolio-Analyse im Rechenbeispiel

In der einfachsten Variante war das schon alles. Im nächsten Beispiel wird auch der Umsatz der einzelnen Produktbereiche wichtig.

Es soll ein Unternehmen untersucht werden, das verschiedene Sportgeräte verkauft. Die Geschäftsführung möchte eine Bewertung der einzelnen Produktbereiche durchführen und fordert dafür eine Portfolio-Analyse. In der Matrix sollen auch die aktuellen Umsatzwerte berücksichtigt werden.

Über die einzelnen Produktbereiche stehen Dir folgende Informationen zur Verfügung:

ProduktbereichMarktwachstumRelativer MarktanteilUmsatz
Fußball+10 %1,850 Mio.
Handball+7 %0,620 Mio.
Tischtennis-5,5 %0,410 Mio.
Hockey-2 %2,540 Mio.

Als erstes muss nun das Koordinatensystem erstellt werden. Für das Marktwachstum empfiehlt sich eine Skala zwischen -7 % und + 11 %; der relative Marktanteil startet bei 0 und sollte in diesem Fall bis 3 oder 4 gehen.

Im zweiten Schritt werden wieder die Trennlinien für die Poor Dogs, Question Marks, Cash Cows und Stars eingezeichnet. Als Grenzen solltest Du die klassischen Werte (0% beim Marktwachstum und 1 beim relativen Marktanteil) nehmen.

Danach müssen die einzelnen Produktbereiche an den entsprechenden Stellen markiert werden (Fußball bei 10% Marktwachstum und 1,8 als relativen Marktanteil, Handball bei 7% Marktwachstum und 0,6 als relativen Marktanteil und so weiter).

Das vorläufige Koordinatensystem sieht dann folgendermaßen aus:

Rechenbeispiel zur Portfolio-Analyse

Allerdings ist die Aufgabe noch nicht endgültig gelöst, denn die Umsätze sind noch nicht zu erkennen. Dafür ist es üblich die Produktbereiche als Kreise darzustellen und die Größe an den Umsatz anzupassen: Je höher der Umsatz, desto größer der entsprechende Kreis.

Für unser Beispiel erhalten wir dann folgende, finale Portfoliomatrix:

Umsätze in der Portfolio-Matrix

In dieser prüfungstypischen Aufgabe soll eine Portfolio-Analyse für einen Fahrradhändler durchgeführt werden. Du sollst die verschiedenen Produktbereiche nach dem klassischen Muster bewerten und zusätzlich die Umsatzzahlen in der Portfoliomatrix abbilden.

Dir stehen folgende Informationen zur Verfügung:

ProduktbereichMarktwachstumEigener UmsatzUmsatz des stärksten Konkurrenten
Rennräder+5 %40 Mio.22,5 Mio.
Mountainbikes-2 %20 Mio.13,5 Mio.
Kinderräder-3 %10 Mio.20 Mio.
E-Bikes+7 %20 Mio.40 Mio.

Für die klassische Matrix aus Marktwachstum und relativem Marktanteil wird Dir zwar das Marktwachstum vorgegeben, der relative Marktanteil muss allerdings noch ermittelt werden. Dazu brauchst Du die Formel, die ich Dir vorhin gezeigt habe. Zur Erinnerung:

Relativer Marktanteil = Eigener Umsatz ÷ Umsatz des stärksten Konkurrenten

Diese kurze Rechnung können wir nun für unsere vier Produktbereiche durchführen und erhalten folgende Ergebnisse:

ProduktbereichRelativer Marktanteil
Rennräder1,78
Mountainbikes1,48
Kinderräder0,5
E-Bikes0,5

Mit diesen Ergebnissen lässt sich die Portfoliomatrix zeichnen: Für den relativen Marktanteil (X-Achse) solltest Du eine Skala von 0 bis 3 nehmen, das Marktwachstum (Y-Achse) lässt sich auf einer Skala von -4 bis +8 abbilden.

In dieses Koordinatensystem tragen wir nun die vier bekannten Bereiche (Poor Dogs, Question Marks, Cash Cows, Stars) ein. Als Trennlinien bieten sich 0% Marktwachstum und 1 als relativer Marktanteil an.

Innerhalb dieser Matrix markieren wir alle vier Produktbereiche an der entsprechenden Stelle. Das vorläufige Ergebnis sieht dann so aus:

Komplexes Beispiel zur Portfolioanalyse

Zu guter Letzt müssen wir noch die geforderten Umsatzzahlen berücksichtigen. Das machen wir, indem wir die Punkte bzw. Kreise der Produktbereiche unterschiedlich groß zeichnen. Je größer der Umsatz, desto größer der Kreis.

Also müssen die Rennräder am größten gezeichnet werden, Mountainbikes und E-Bikes nur halb so groß und die Kinderränder am kleinsten. In unserer Portfolio-Matrix sieht das Ganze folgendermaßen aus:

Schwieriges Rechenbeispiel zur Portfolio-Matrix

Alle Schritte der Portfolioanalyse im Überblick

  1. Falls notwendig: Relativen Marktanteil berechnen.
  2. Prüfen, wie groß die Skala der X-Achse und Y-Achse sein muss.
  3. Koordinatensystem zeichnen und die vier Bereiche eintragen.
    a. Marktwachstum: Trennlinie liegt meistens bei 0%.
    b. Relativer Marktanteil: Trennlinie liegt in aller Regel beim Wert 1.
  4. Produktbereiche im Koordinatensystem markieren.
  5. Falls gefordert: Größe der Produktbereiche an die Umsatzzahlen anpassen.

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Das war noch längst nicht alles...

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