Rund um den Kaufvertrag: Die wichtigsten Fälle für den Prüfungsteil „Recht und Steuern“

Der Handlungsbereich „Recht und Steuern“ zählt für viele Prüfungsteilnehmer zu den größten Herausforderungen der Wirtschaftsbezogenen Qualifikationen (IHK). Vor allem das juristische Bewerten von konkreten Situationen ist alles andere als einfach, da es die Anwendung verschiedener Paragrafen gleichzeitig erfordert.

Um dich auf diesen Aufgabentypen optimal vorzubereiten, hilft folgendes: Lerne keine einzelnen Paragrafen, sondern häufige Anwendungsfälle und Kombinationen von Rechtsvorschriften. Dadurch schaffst du dir ein Grundgerüst für typische juristische Situationen, das du immer wieder nutzen kannst und das dich in der Prüfung sehr weit bringen wird.

Wie das Ganze funktioniert, möchte ich dir am Beispiel des Kaufvertrags zeigen. In diesem Text bekommst du eine Auflistung der wichtigsten rechtlichen Konstellationen rund um den Kaufvertrag. Dabei handelt es sich vor allem um Fälle, die in den Prüfungen der vergangenen Jahre immer wieder abgefragt wurden und auch in den kommenden Prüfung durchaus auftauchen könnten.

Gesammelt für die Wirtschaftsbezogenen Qualifikationen (IHK)

Die folgende Übersicht an Paragrafen und rechtlichen Fällen ist auf den Handlungsbereich „Recht und Steuern“ der IHK-Prüfung „Wirtschaftsbezogene Qualifikationen“ zugeschnitten. Es besteht keinesfalls der Anspruch, in dieser Liste sämtliche juristischen Feinheiten zu berücksichtigen, die möglicherweise in einer Weiterbildung oder einem Studium mit juristischem Fokus relevant sind.

Die Basis eines Kaufvertrags

Grundsätzlich geregelt ist der Kaufvertrag im § 433 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Darin finden sich die Pflichten der beteiligten Käufer und Verkäufer, konkret:

  • Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die vereinbarte Sache zu übergeben und ihm das Eigentum daran zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Kaufgegenstand muss dabei frei von Sach- und Rechtsmängeln sein (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB)
  • Der Käufer hingegen verpflichtet sich durch den Kaufvertrag, den vereinbarten Preis zu zahlen und die erworbene Sache abzunehmen (§ 433 Abs. 2 BGB)

Damit ein wirksamer Kaufvertrag überhaupt zustande kommen kann, werden zwei übereinstimmende Willenserklärungen von Käufer und Verkäufer benötigt. Diese Willenserklärungen werden als Angebot und Annahme bezeichnet.

Gelegentlich werden die reinen Grundlagen eines Kaufvertrags nach § 433 BGB in den IHK-Prüfungen abgefragt, oftmals werden der Situation noch einige Besonderheiten hinzugefügt, die wir uns im Folgenden genauer anschauen werden.

Besonderheiten beim Verbrauchsgüterkauf

Eine Möglichkeit, die Fragestellung zum Kaufvertrag zu erschweren, besteht darin, eine Konstellation zu wählen, bei der es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt. Das ist immer dann der Fall, wenn ein Verbraucher (zur rechtlichen Definition siehe § 13 BGB) mit einem Unternehmen einen Kaufvertrag abschließt.

In solch einem Fall musst du zusätzlich die §§ 474 - 479 BGB berücksichtigen, die dem Verbraucher einige spezielle Rechte einräumen. Besonders bekannt ist etwa die Beweislastumkehr bei Mängeln innerhalb der ersten 6 Monate nach dem Kauf (§ 477 BGB).

Kaufverträge von Minderjährigen

Rechtlich interessant und daher gern in der Prüfung abgefragt sind Kaufverträge von Minderjährigen. Dabei sind für dich die folgenden Regelungen zu berücksichtigen:

Kinder unter 7 Jahren sind laut § 104 BGB grundsätzlich geschäftsunfähig und dürfen keine Verträge abschließen – das gilt auch für Kaufverträge. Folglich sind ihre Willenserklärungen stets nichtig (§ 105 Abs. 1 BGB), sodass kein wirksamer Kaufvertrag möglich ist.

Etwas komplizierter ist der Fall bei Kindern und Jugendlichen, die mindestens 7 Jahre alt, aber noch nicht 18 Jahre alt sind. Sie gelten als beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB). Dann solltest du im Hinblick auf die Wirksamkeit eines Kaufvertrags auf folgende Varianten vorbereitet sein:

  • Haben die gesetzlichen Vertreter, das sind meist die Eltern, dem Kaufvertrag im Voraus zugestimmt (sog. Einwilligung), ist die Willenserklärung des Minderjährigen wirksam und damit ein Vertrag zustande gekommen (§ 107 BGB).
  • Hat ein Minderjähriger ohne Einwilligung der Vertreter einen Kaufvertrag geschlossen, so gilt dieser als „schwebend unwirksam“. Er kann nachträglich von den Eltern bzw. gesetzlichen Vertretern genehmigt werden und wird dadurch wirksam (§ 108 Abs. 1 BGB).
  • Erhält ein Minderjähriger mit Zustimmung seiner Vertreter Geld zur freien Verfügung (z. B. Taschengeld oder ein Geldgeschenk), darf er es nutzen, um sich davon etwas zu kaufen. Dementsprechend ist ein Kaufvertrag auch ohne Zustimmung der Vertreter wirksam, wenn er mit diesen frei nutzbaren Mitteln bezahlt werden kann (§ 110 BGB). Achtung: Ein Kauf auf Raten ist von dieser Regelung ausgenommen.

Übrigens: Eine beschränkt geschäftsfähige Person darf selbstbestimmt Verträge schließen, durch die sie lediglich Vorteile erlangt. Allerdings ist dies beim Kaufvertrag grundsätzlich nicht der Fall, da die Zahlung des Kaufpreises anfällt, was nicht als Vorteil betrachtet werden kann.

Was passiert bei einem Mangel?

Wie wir oben gesehen haben, ist jeder Verkäufer verpflichtet, den Kaufgegenstand frei von Sach- und Rechtsmängeln übergeben. Diese Situation bietet viel Potenzial für Aufgabenstellungen, in denen eine Sache auf Mängel zu prüfen ist und die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind. Dazu benötigst du die folgenden Rechtsvorschriften:

Im § 434 BGB wird ausführlich definiert, was unter einem Sachmangel zu verstehen ist. Dazu gehören etwa zu geringe Liefermengen, die Lieferung von falschen, sprich nicht bestellten Waren oder einfach beschädigte Gegenstände. Seltener beziehen sich die Aufgaben auf einen Rechtsmangel, der anhand des § 435 BGB zu bewerten ist.

Liegt in deiner Aufgabenstellung ein Mangel vor, schließt sich in der Regel die Frage an, welche Folgen sich daraus ergeben. Dazu benötigst du insbesondere den § 437 BGB. Er listet alle Rechte auf, die einem Käufer im Fall eines Mangels grundsätzlich zustehen, konkret:

  • Nacherfüllung
  • Rücktritt vom Kaufvertrag
  • Minderung des Kaufpreises
  • Schadensersatz
  • Ersatz vergeblicher Aufwendungen

Wichtig dabei: Der Käufer kann nicht einfach all die genannten Rechte in Anspruch nehmen oder sich völlig frei eine Variante aussuchen. Stattdessen verweist § 437 BGB auf eine Reihe von weiteren Regelungen, die du dir nochmal genau anschauen solltest. Daraus lässt sich ableiten, welche Folge im konkreten Fall eintritt.

Darüber hinaus solltest du im Bereich der Mängel noch zwei weitere Möglichkeiten im Blick behalten: Zum einen verjähren die Mängelansprüche nach einigen Jahren. Wann genau, hängt vom Kaufgegenstand ab und wird in § 438 BGB festgelegt.

Zum anderen wurde in den Prüfungen schon mehrfach der Fall eines beidseitigen Handelsgeschäftes ins Spiel gebracht. Dabei handelt es sich um einen Kaufvertrag zwischen zwei Unternehmern. Das Besondere dabei: Mängel müssen sofort gerügt werden, sonst gilt die Ware als angenommen. Die Details dazu findest du im § 377 HGB (Handelsgesetzbuch).

Unmöglichkeit der Leistung

Etwas gewöhnungsbedürftig für Nicht-Juristen ist der Fall der sogenannten Unmöglichkeit. Im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag tritt er meist ein, wenn der Verkäufer seine Leistungspflicht keinesfalls erfüllen kann. In den Prüfungen wird gern eine Situation gewählt, in der ein Unikat verkauft und anschließend versehentlich beschädigt bzw. zerstört wurde.

Für die IHK-Prüfung brauchst du dann häufig die folgenden Paragrafen:

  • 275 BGB ist die rechtliche Basis und legt fest, dass die Leistungspflicht bei Unmöglichkeit entfällt. Er verweist zudem auf alle weiteren Paragrafen, die relevant werden könnten.
  • 311a BGB wird ebenfalls gern abgefragt und regelt die Frage, was passiert, wenn die Unmöglichkeit schon beim Vertragsschluss vorliegt. Schau dir die Vorschrift daher unbedingt nochmal genau an!
  • 326 BGB legt fest, was grundsätzlich gerecht klingt: Wenn der Verkäufer nicht mehr leisten muss, verliert er auch den Anspruch auf seine Gegenleistung. Zudem regelt der Paragraf noch eine Reihe von weiteren Besonderheiten und Ausnahmen, allerdings sind die für die Prüfung der IHK in der Regel nicht von Bedeutung.

Verzug bei Lieferung und Zahlung

Eine weitere Konstellation im Zusammenhang mit Kaufverträgen ergibt sich durch den Verzug einer der beteiligten Parteien. Konkret bedeutet das: Entweder liefert der Verkäufer nicht rechtzeitig oder der Käufer zahlt nicht pünktlich.

Meistens besteht deine Aufgabe darin, im konkreten Einzelfall zu beurteilen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verzug vorliegt. Dabei solltest du dich auf den § 286 BGB konzentrieren, der die zentralen Regelungen enthält:

Grundsätzlich ist eine Mahnung notwendig, damit ein Schuldner in Verzug gerät (§ 286 Abs. 1 BGB). Ausnahmen davon definiert § 286 Abs. 2-3 BGB, zum Beispiel eine vorher definierte Lieferfrist oder eine Fälligkeit einer Rechnung. Auf diese Basis musst du in der Prüfung beispielsweise bewerten, ob eine Mahnung notwendig ist oder nicht.

Darüber hinaus solltest du zum Thema Verzug den § 288 BGB im Blick behalten. Er legt die zulässigen Zinsen fest, die ein Gläubiger im Fall eines Zahlungsverzugs verlangen darf.

Anfechtung eines Kaufvertrags

Zum Abschluss dieser Übersicht solltest du für die Wirtschaftsbezogenen Qualifikationen (IHK) wissen, unter welchen Bedingungen die Anfechtung eines Kaufvertrags möglich ist. Sie führt dazu, dass der Vertrag als nichtig anzusehen ist. Drei zentrale Konstellationen solltest du kennen:

  • Anfechtung wegen eines Irrtums, geregelt in § 119 BGB
  • Anfechtung aufgrund einer falschen Übermittlung gemäß § 120 BGB
  • Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB)

In allen Fällen ist zu beachten, dass die Anfechtung gegenüber dem Anfechtungsgegner erklärt wird (§ 143 BGB) und die relevante Frist eingehalten wurde (§ 121 bei Irrtum und falscher Übermittlung, § 124 BGB im Fall einer arglistigen Täuschung). Darüber hinaus ergibt sich unter Umständen eine Schadensersatzpflicht nach § 122 BGB (nicht bei arglistiger Täuschung).

Lerne die Fälle, nicht einzelne Paragrafen

Einzelne Paragrafen auswendig zu lernen, ergibt wenig Sinn für die IHK-Prüfung „Wirtschaftsbezogene Qualifikationen“. Schließlich darfst du die Gesetze mitnehmen und direkt vor Ort nachschlagen. Viel wichtiger ist es hingegen, dass du weißt, wonach du suchen solltest.

Konzentriere dich daher darauf, Fälle und rechtliche Konstellationen zu wiederholen! Dann bewegst du dich in der Prüfung viel sicherer durch die Aufgaben, bist auf mögliche Besonderheiten vorbereitet und sparst jede Menge Zeit beim Suchen der Paragrafen.

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Torben Naujokat, Gründer von Modulearn

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