Volkswirtschaftslehre: Die neun klassischen Marktformen in der Übersicht (mit Beispielen)

In der Volkswirtschaftslehre (VWL) dreht sich vieles um Angebot und Nachfrage. Sie sind verantwortlich für einen passenden Marktpreis, beeinflussen maßgeblich die wirtschaftlichen Machtverhältnisse und bilden die Basis für die Entstehung verschiedener Marktformen.

In diesem Text erfährst du, welche neun Marktformen für deine IHK-Fachwirt-Prüfung relevant sind und was man sich darunter in der Praxis vorstellen kann. So kannst du dir die Ausprägungen einerseits besser merken und wirst andererseits sehen, dass nicht alle theoretisch denkbaren Marktformen von gleicher Bedeutung in der realen Wirtschaft sind.

Die Basis: Wer steht sich auf dem Markt gegenüber?

Um die klassischen Marktformen der Volkswirtschaftslehre zu definieren, benötigst du lediglich zwei Informationen:

  • Wie viele Nachfrager sind auf dem Markt vertreten?
  • Wie viele Anbieter sind auf dem Markt vertreten?

Dabei ist die genaue Zahl weder entscheidend noch exakt definiert. Es werden lediglich die folgenden Ausprägungen unterschieden:

  • ein Anbieter / Nachfrager
  • wenige Anbieter / Nachfrager
  • viele Anbieter / Nachfrager

Wenn du diese jeweils drei Varianten miteinander kombinierst, erhältst du eine 3x3-Matrix mit neun Marktformen, die folgendermaßen bezeichnet werden:

Lass uns die verschiedenen Varianten etwas genauer anschauen und überprüfen, in welchen Branchen welche Marktformen zu finden sind.

Märkte mit vielen Nachfragern

Grundsätzlich zählen die drei Marktformen, auf denen sich viele Nachfrager finden, zu den wichtigsten Ausprägungen und lassen sich relativ einfach auf die Praxis übertragen.

… und vielen Anbieter: Polypol

Das Polypol (viele Anbieter und viele Nachfrager) ist nicht nur die Grundlage für den theoretisch vollkommenen Markt, sondern auch eine Marktform, die jeder aus der Praxis kennt. Darunter fallen die klassischen Massenmärkte, beispielsweise in der Mode oder bei Lebensmitteln.

Jeder Mensch fragt regelmäßig Essen und Kleidung nach. In der Regel stehen zahlreiche Optionen zur Verfügung, um die gewünschten Produkte zu kaufen (z. B. Discounter, Supermärkte, kleine Bioläden oder der Wochenmarkt bzw. die zahlreichen Modelabels von günstig bis exklusiv). Auch die Börse ist ein anschauliches Beispiel für ein Polypol.

… und wenigen Anbietern: Oligopol

Wenn die Anzahl der Nachfrager weiterhin hoch ist, aber die Auswahl der Anbieter gering, dann spricht man von einem Oligopol. In diesem Fall gewinnen die Anbieter zwar grundsätzlich mehr Einfluss auf die Preisgestaltung, müssen dabei allerdings intensiv das Verhalten der Konkurrenz berücksichtigen, um nicht wirtschaftlich „abgehängt“ zu werden.

Die Situation eines Oligopols findet sich in verschiedenen Branchen, beispielsweise:

  • Stromversorgung in Deutschland
  • Deutscher Mobilfunkmarkt
  • Betriebssysteme für Computer
  • Spielekonsolen

Bei allen Beispielen existiert eine hohe Nachfrage, während die Anzahl der Anbieter überschaubar ist.

Übrigens: Was genau unter „wenige Anbieter“ zu verstehen ist, lässt sich nicht genau definieren. Es müssen mindestens zwei sein, aber eine exakte Obergrenze und damit der Übergang zum Polypol lässt sich nicht bestimmen.

… und einem Anbieter: Monopol

Das klassische Monopol (ein Anbieter steht vielen Nachfragern gegenüber) ist eine Marktform, die sowohl gesellschaftlich als auch politisch und wirtschaftlich nicht wünschenswert ist. Das Problem: Der einzelne Anbieter kann den Preis frei bestimmen, während den Nachfragern keine Alternativen zur Verfügung stehen.

Mögliche Gründe für eine Monopolstellung könnten beispielsweise sein: Das Unternehmen besitzt ein Patent auf ein bestimmtes Produkt oder Herstellungsverfahren, ein notwendiger Rohstoff steht nur einem Unternehmen zur Verfügung oder die Produktionskosten sind so hoch, dass sich der Betrieb für mehrere parallel agierende Unternehmen nicht lohnt.

Um in Deutschland ein praktisches Beispiel für ein Monopol zu finden, ist schon eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit notwendig. Denn früher besaß einerseits die Bahn das Monopol auf den Fernverkehr, andererseits hat die Telekom die gesamte Telekommunikation geregelt. Beide Monopolstellungen sind mittlerweile aufgelöst worden, um mehr Wettbewerb auf dem Markt zu schaffen.

Märkte mit wenigen Nachfragern

Bei den Märkten mit wenigen Nachfragern ist die Zuordnung der theoretisch definierten Marktformen zu realen Beispielen schon deutlich schwieriger. Das liegt insbesondere an zwei Problemen: erstens existieren nicht so viele dieser Märkte und zweitens lässt sich auch hier kaum definieren, wo der Übergang von wenigen zu vielen Anbietern anzusetzen ist.

Theoretisch betrachtet ist die Zuordnung noch eindeutig:

  • Wenige Nachfrager und viele Anbieter bilden ein Nachfrageoligopol.
  • Wenige Nachfrager und wenige Anbieter bilden ein zweiseitiges bzw. bilaterales Oligopol.
  • Wenige Nachfrager und nur ein Anbieter bilden ein beschränktes Monopol.

Im letzten Fall ergibt sich die Beschränkung daraus, dass der einzelne Anbieter zwar immer noch eine einflussreiche Monopolstellung innehat, diese aber nicht so effektiv nutzen kann, weil die Nachfrage nach seinen Produkten geringer ist als im Fall des klassischen Monopols.

Zur besseren Veranschaulichung der Marktformen mit wenigen Nachfragern kannst du dir die folgenden Beispiele merken:

  • Produkte im Luxussegment
    Bei exklusiven und damit teuren Produkten ist die Nachfrage grundsätzlich geringer als auf Massenmärkten. Nur wenige Kunden können sich Sportwagen, Juwelen und Luxuskleidung leisten. Ob es dabei zu einem Nachfrageoligopol mit vielen Anbietern (tendenziell in der Modebranche) oder einem zweiseitigen Oligopol mit wenigen Anbietern (tendenziell bei den Sportwagen) kommt, ist hingegen nicht ganz eindeutig zu bestimmen.
  • Luft- und Raumfahrt
    In dieser speziellen und kostenintensiven Branche finden sich nur wenige Unternehmen, die Bedarf an speziellen Bauteilen, technischen Dienstleistungen etc. haben. Je nach Produkt gehören die Raumfahrtstationen, die Flugzeugbauer oder die Fluggesellschaften zu den wenigen Nachfragern.
  • Lebensmittel für den Handel
    Der Einzelhandel weist in Deutschland mittlerweile eine hohe Konzentration auf, sodass einige Unternehmen marktbeherrschend agieren. Dementsprech ist davon auszugehen, dass grundsätzlich nur wenige Handelsketten ihren Bedarf bei vielen Erzeugern (v. a. Landwirte) decken. Entsprechend ergibt sich ein klassisches Nachfrageoligopol.

Märkte mit einem Nachfrager

Auch die Beispiele für Märkte mit nur einem einzigen Nachfrager sind schwer zu finden und leider nicht völlig eindeutig bzw. unproblematisch. Lass uns daher zuerst wieder einen kurzen Blick auf die theoretischen Ausprägungen werfen:

  • Ein Nachfrager und viele Anbieter ergeben ein Nachfragemonopol bzw. Monopson.
  • Ein Nachfrager und wenige Anbieter bilden ein beschränktes Nachfragemonopol.
  • Ein Nachfrager und ein Anbieter führen zu einem zweiseitigen Monopol.

Insbesondere für das beschränkte Nachfragemonopol und das zweiseitige Monopol ist schwer vorstellbar, wie solch eine Konstellation in der wirtschaftlichen Praxis auf Dauer funktionieren kann. Dennoch lassen sich einige, allerdings eingeschränkt gültige Beispiele für Märkte mit nur einem (bedeutsamen) Nachfrager finden:

In einigen Regionen Deutschlands wird der Arbeitsmarkt stark von einem einzelnen Unternehmen geprägt. Es tritt dementsprechend als nahezu einziger Nachfrager für die Arbeitskraft der Anwohner auf, während das Angebot tendenziell zahlreich ist (alle fachlich geeigneten Personen im näheren Umfeld).

Darüber hinaus lässt sich in einigen Fällen der Staat als Nachfrager mit Monopol-Stellung definieren. Dies gilt etwa für die Nachfrage von Lehrern für öffentliche Bildungseinrichtungen oder für den Kauf von militärischen Produkten.

Allerdings sind diese Beispiele nur als Tendenzen zu sehen, da es einerseits auch private Schulen etc. gibt, die Lehrer benötigen, und andererseits auch andere Staaten von Rüstungsunternehmen beliefert werden.

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Torben Naujokat, Gründer von Modulearn

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