Lineare Abschreibung verstehen und berechnen

Wenn man das erste Mal von Abschreibungen liest, wirkt das Konstrukt oft etwas ungewohnt und schwer zu durchschauen. In diesem Text erkläre ich Dir deshalb die Basics zum Thema Abschreibungen und stelle Dir die konkrete Methode der linearen Abschreibungen vor. 

Was bedeutet Abschreibung überhaupt?

Die Abschreibung ist ein wichtiger Begriff aus der Buchhaltung bzw. dem Rechnungswesen. Sie dient dazu, den Wertverlust eines Gegenstands in der Bilanz abzubilden. Mit der Abschreibung wird festgelegt, um welche Summe der Wert einer Anlage verringert wird.

Du kannst Dir das folgendermaßen vorstellen: Ein Unternehmen kauft sich eine neue Maschine für 200.000 Euro. Diese Maschine muss auch in der Bilanz zu sehen sein, deshalb wird sie unter der Kategorie „Maschinen“ mit einem Wert von 200.000 Euro aufgelistet. Soweit ist noch alles logisch, oder? ;-)

Interessant wird es im nächsten Jahr. Dann ist die Maschine zwar immer noch vorhanden, aber sie ist keine 200.000 Euro mehr wert. Schließlich verliert sie genauso an Wert wie jeder Alltagsgegenstand (Auto, Smartphone, Möbel etc.) auch.

Um diesen Wertverlust auch in der Bilanz abzubilden, kommen Abschreibungen ins Spiel. Sie stellen exakt diesen Verlust dar und verringern den Wert der Maschine. Sie könnte dann beispielsweise nur noch mit 180.000 Euro erfasst werden.

Um den Wertverlust genau zu bestimmen, gibt es verschiedene Formen der Abschreibung. Die wichtigsten sind:

  • Lineare Abschreibung
  • Degressive Abschreibung
  • Progressive Abschreibung
  • Leistungsbezogene Abschreibung

In diesem Text wollen wir uns näher mit der linearen Abschreibung beschäftigen.

Wie funktioniert die lineare Abschreibung?

Das Prinzip hinter der linearen Abschreibung ist folgendes: Es wird im ersten Schritt definiert, wie lange der Gegenstand insgesamt genutzt werden kann, zum Beispiel 5 Jahre. Anschließend wird der Gesamtwert des Gegenstands auf alle Jahre gleichmäßig verteilt, sodass jedes Jahr eine Abschreibung der exakt gleichen Summe vorgenommen wird.

Der Gegenstand verliert jedes Jahr in exakt gleichem Maße an Wert.

Um die Höhe der linearen Abschreibung zu bestimmen, braucht man also 1. die Nutzungsdauer und 2. den Gesamtwert des Gegenstands. Anschließend nutzt man folgende Formel:

\( \text{Lineare Abschreibung} = \text{Gesamtwert} \div \text{Nutzungsdauer} \)Wenn wir also bei unserer Maschine im Wert von 200.000 Euro bleiben und zusätzlich annehmen, dass die Maschine 5 Jahre lang genutzt werden kann, ergibt sich als Abschreibungswert:

\( \text{Lineare Abschreibung} = 200.000 \text{ €} \div 5 = 40.000 \text{ €} \)Unsere Maschine verliert also jedes Jahr 40.000 Euro an Wert. Nach einem Jahr ist sie also noch 160.000 Euro wert, nach zwei Jahren nur noch 120.000 Euro und so weiter.

Ergänzung um den Liquidationserlös

In manchen Fällen reicht diese einfache Formel nicht aus. Es kann auch vorkommen, dass man eine Maschine nicht komplett abschreiben möchte (Wert in der Bilanz = 0 Euro). Stattdessen wird angenommen, dass die Maschine noch weiterverkauft werden kann.

Der Verkaufspreis bzw. Restwert des Gegenstands wird als Liquidationserlös oder Liquidationswert bezeichnet. Wenn es einen Liquidationserlös geben soll, erweitert sich unsere Formel für die lineare Abschreibung zu:

\( \text{Lineare Abschreibung} = \frac{\text{Gesamtwert } - \text{ Liquidationserlös}}{\text{Nutzungsdauer}} \)Nehmen wir also an, dass wir unsere 200.000 Euro-Maschine nach 5 Jahren für 50.000 Euro weiterverkaufen können. Dann erhalten wir folgendes Ergebnis:

\( \text{Lineare Abschreibung} = \frac{200.000 \text{ € } - \, 50.000 \text{ €}}{5} = 30.000 \text{ €}\)Unsere Maschine verliert jedes Jahr 30.000 Euro ihres Werts, nach 5 Jahren bleiben noch 50.000 Euro Restwert übrig.

Lineare Abschreibungen im Zeitverlauf

Wenn wir die Höhe der jährlichen Abschreibung ausgerechnet haben, können wir den Wert der Maschine im Zeitverlauf darstellen. Nehmen wir an, dass die Maschine Anfang 2016 gekauft wurde und wir unsere zweite Rechnung (200.000 Euro Neupreis, 5 Jahre Nutzungsdauer, Restwert von 50.000 Euro) als Basis nutzen. Dann hat die Maschine in den kommenden Jahren jeweils folgende Werte:

JahrWert der Maschine am Anfang des JahresAbschreibungWert der Maschine am Ende des Jahres
2016200.00030.000170.000
2017170.00030.000140.000
2018140.00030.000110.000
2019110.00030.00080.000
202080.00030.00050.000
Nach 5 Jahren hat unsere Maschine noch einen Wert von genau 50.000 Euro. Zu diesem Preis soll die Maschine verkauft werden. Wenn das gelingt, verschwindet die Maschine komplett aus der Bilanz. Stattdessen haben wir einen um 50.000 Euro erhöhten Kontostand.

So könnte eine Aufgabe in der Prüfung aussehen

Zum Schluss sollten wir uns zur Vertiefung noch eine mögliche Prüfungsaufgabe anschauen:

Ein Unternehmen kauft sich einen neuen Lkw für 80.000 Euro. Die Geschäftsführung geht davon aus, dass der Lastwagen 7 Jahre lang genutzt werden kann und anschließend einen Restwert von 10.000 Euro aufweist. Das Controlling geht hingegen davon aus, dass der Lkw nur 6 Jahre lang genutzt werden kann und anschließend kein Restwert mehr vorhanden sein wird. Der Lkw soll linear abgeschrieben werden. Berechne für beide Fälle die Höhe der jährlichen Abschreibung.

Annahme der Geschäftsführung:

In diesem Fall haben wir folgende Werte vorliegen:

Gesamtwert = 80.000 Euro

Liquidationserlös = 10.000 Euro

Nutzungsdauer = 7 Jahre

Diese Zahlen können wir nun in die bekannte Formel einsetzen:

\( \text{Lineare Abschreibung} = \frac{80.000 \text{ € } - \, 10.000 \text{ €}}{7} = 10.000 \text{ €}\)

Annahme des Controllings:

Nun haben wir folgende Werte gegeben:

Gesamtwert = 80.000 Euro

Nutzungsdauer = 6 Jahre

Liquidationserlös ist nicht vorhanden.

Für diesen Teil der Aufgabe können wir die kürzere Formel ohne Liquidationserlös nehmen und erhalten folgenden Wert für die jährliche Abschreibung:

\( \text{Lineare Abschreibung} = 80.000 \text{ €} \div 6 = 13.333,33 \text{ €}\)Das Controlling empfiehlt also einen deutlich höheren Wert für die Abschreibung. Das ist inhaltlich durchaus logisch, schließlich wird ein höherer Wert (die gesamten 80.000 Euro) in einer kürzeren Zeit (6 statt 7 Jahre) abgeschrieben.

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Torben Naujokat, Gründer von Modulearn

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